Ich entwickelte bald einigermaßen professionelle Ansätze. Ich analysierte Bücher, die mir gefielen. Ich investierte zahlreiche College-Blöcke, und schrieb meine Meinung zu Handlungen, roten Fäden, Figuren, Entwicklungen und Schauplätzen auf. Ich begann, meine eigenen Figuren detailliert zu entwefen, meine Handlung im Detail zu planen, ich brütete ein Konzept für jedes Kapitel aus. Ich kam etwa bis Kapitel 15. Weiter nicht. Ich plante mich ins Delirium; nur um später festzustellen, dass man nur bis zu einem bestimmten Punkt planen kann, bevor die Figuren ihren eigenen Weg gehen und die Geschichte eine Eigendynamik entwickelt.
Trotzdem fiel ich immer in dieselbe Falle. Auch als der Schreibprozess in voller Fahrt war, und ich es schon länsgt hätte besser wissen müssen, trug ich auf meinem Wandplaner blödsinnige, selbst erdachte Deadlines ein, die ich natürlich nie einhalten konnte.
So utopisch diese Deadlines auch waren, letztendlich waren sie wahrscheinlich sogar nützlich. Sie gaben mir die Motivation und die Kraft, weiterzumachen.
Das ist nicht zu verachten, denn das Schreiben ist ein Kraftakt, dessen Außmaße ich vorher nie für möglich gehalten hätte. Es bringt einen an seine Grenzen, vor allem an die, die man ums Verrecken nicht übertreten will. Das mag ein Klischee sein, aber es stimmt trotzdem.
Außerdem stellte ich Berechnungen über den Umfang des Textes an. Ich rechnete aus, wieviel Text nötig war, damit am Ende ein Buch dabei herauskommen würde. Ich rechnete um mein Leben. Diese Berechnungen waren letztendlich sogar zutreffend. Ein besonders künstlerischer Ansatz ist es allerdings nicht.
Trotzdem war es hilfreich....wenn man das Schreiben erst einmal ernst nimmt, wird es schnell zu einem Strudel mit zerstörerischer Kraft. Man begreift, dass man sich mit seinen tiefsten Ängsten, seiner schwärzesten Trauer befassen muss, wenn man etwas Ehrliches zustande bringen will. Ich bin in meinem Text immer ehrlich gewesen. Wenn ich ihn nun lese, finde ich ihne gelegentlich sehr unversöhnlich. Bitterer, als ich im Sinn hatte. Aber aufrichtig. Da kann es tröstend und beruhigend sein, wenn man sich an etwas so Sachliches und Schnödes wie Zahlen klammern kann. Noch 25 Seiten, und dann ist es überstanden. Oder auch nicht.
Zum Schreiben eines Buchs gehört eine beträchtliche Portion Wahnsinn. Das war mir natürlich nicht klar, als ich damit anfing. Glücklicherweise, denn sonst hätte ich es niemals versucht. Ich hätte mir diesen Psychokrieg nicht angetan, und mich mit einfacheren, realistischeren Dingen beschäftigt. Rückblickend muss ich wohl irre gewesen sein, um das übehaupt durchzuziehen. Selbstverständlich bin ich trotzdem mächtig stolz darauf, durchgehalten zu haben. Daher habe ich diese Rubrik "Chronik des Wahnsinns" genannt.

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